Die Richborn-Orgel von Buttforde/Ostfriesland

Um den Orgelkasten in voller Höhenausdehnung auf dem Lettner unterbringen zu können, hob man die Balkendecke teilweise um ein gutes Stück an. Wenn es auch so aussieht: Die Pfeifen im Prospekt sind nicht bemalt, sondern sind foliiert und zeigen deutliche Korrosion. Da die Folie bei Berührung zerbröselt, ist komplette Erneuerung dringend notwendig.

Wer sich die Schlüssel der St.-Marienkirche an der Tankstelle des kleinen ostfriesischen Dorfes Buttforde besorgt und den Kirchenraum betritt, findet vieles das Auge Erfreuende: Neben dem Renaissance-Gestühl und der Kanzel gibt es einen reich mit Bildern geschmückten, holzgeschnitzten Altar und einen bemalten, den Raum quer unterteilenden dreijochigen Lettner - beide stammen aus dem Jahr 1450. Der Kirchenbau wurde im Jahre 1230 aus Granitquadern erstellt. Eine steile Treppe führt hinauf den Orgelboden mit der original erhaltenen Joachim-Richborn-Orgel von 1681.
Joachim Richborn stammt aus Hamburg und war möglicherweise ein Schüler von Stellwagen; seine Sporen hat er sich offensichtlich durch eine sachkundig ausgeführte Reparatur der Orgel in der dortigen Maria-Magdalenenkirche im Jahre 1676 verdient. Neben dem Instrument in Buttforde sind noch zwei weitere in Berdum (1677) und Tönning (1681/1682) bekannt. Sie ist einmanualig, hat neun klingende Stimmen und ein angehängtes Pedal.
Um den Orgelkasten in der Höhe unterzubringen, musste die von Balken getragenen Decke teilweise um Einiges erhöht werden. Die ursprünglich vorhandenen Flügeltüren hat man im Jahr 1803 durch verzierte Ausführungen ersetzt. Bis auf die 1949 von A. Führer ausgewechselten Pfeifen des 8'-Trompetenregisters sind alle übrigen acht Stimmen original aus dem Ursprungsjahr erhalten. Das Pedal ist angehängt und weist eine kurze Oktave auf; die untersten Töne E, D, C sind über Gis, Fis und E zu erreichen. Der Tonumfang geht nach oben bis zum e (MIDI# 62). Die Orgel muss dringend überholt werden; da sämtliche Holzteile, insbesondere das Gehäuse, in schlechtem Zustand sind.

Zur dazu nötigen finanziellen Unterstützung versucht Dirk Menzenbach als neuer Anbieter von Orgel-Sätzen mit dem Erlös der von ihm gesampelten Instrumente beizutragen. Die Disposition und weitere Einzelheiten zu dieser Orgel finden sich auf den "Dirks Organ Pages" im Internet. Wie es vielfach geschieht, erlaubt Hauptwerk das Erweitern der Orgel in der virtuellen Übertragung und macht die Richborn-Orgel damit für ein breiteres Repertoire geeignet.
Den unverschlüsselten Sample-Satz gibt daher in zwei Fassungen, die sich wahlweise laden lassen und je zwei virtuelle Spieltische; einmal als Übersichtsdarstellung einschließlich Manual(en) sowie Pedal und einmal in einem Layout, das die Registerzüge besonders leicht erkennbar darstellt. Der Platz reicht in der mit "Pure" bezeichneten, an das Original angelehnten Version noch für fünf Setzer mit Setz- und Löschtaste; bei der erweiterten Fassung gibt es in Komplett- und Registerdarstellung noch eine Tastenleiste für neun Pedalregister. Hier hat man auch das Pedal mit 27 Tasten bis zum e erweitert. Nachfolgend sind nur die Registerfelder mit sonstigen Bedienelementen dargestellt.

Virtueller Spieltisch des VorbildesRegisterfeld der erweiterten, zweimanualigen Version

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Das Layout lehnt sich - so weit sinnvoll - an den des Vorbildspieltisches an. So wurden die beim Vorbild auf das hölzerne Paneel aufgemalten Registerbezeichungen übernommen, die wegen ihrer Größe gut lesbar sind. Auch der Unterschied zwischen gezogenen und abgeworfenen Registern ist wegen der deutlichen Bewegung der Manubrien gut erkennbar und deswegen auf einem Touchscreen gut zu betätigen. Um der Symmetrie willen hat man den beim Vorbild nicht entfernten Kalkantenruf mit als Manubrium übernommen; er ist allerdings wegen des Windmotors (sein Geräusch lässt sich auf Wunsch einschalten) überflüssig.
In der zweimanualigen Version hat man nicht etwa neue Register hinzugefügt; hier findet nur eine Verdopplung des Vorhandenen statt. Posaune 16' und Subbass 16' stammen nicht von diesem Instrument, sondern von anderen gesampelten Registern. Mit a=473 Hz hat das Instrument Chorton-Stimmung. Die Temperatur wird als "leicht gleichschwebend" angegeben, wobei es eine der Stärken von Hauptwerk ist, dass ein Umstellen auf andere Temperaturen schnell und umkompliziert von statten geht.
Mit einer Auflösung von 24 Bit/96 kHz bei der Sample-Aufzeichnung sind die Voraussetzungen für makellose Tonqualität gegeben. Release Samples hat man zwar wegen des recht kurzen Nachhalls nicht vorgesehen, aber es sind durchgängig drei bis vier Loops vorhanden. Vom Speicherbedarf gibt sich das Instrument bescheiden; etwa 570 MByte sollten ausreichen.
Auch ohne jemals vor Ort gewesen zu sein, empfindet man die klanglichen Eigenschaften des Sample-Satzes als übereinstimmend mit dem, was man von einer kleinen, ganz offensichtlich mit Erfahrung konzipierten Dorforgel aus dem Ende des 17. Jh. erwarten darf: Gut klingende und sich sowohl voneinander absetzende als auch miteinander kombinierbare Grund-Einzelregister aus Prinzipal 8' und Gedackt 8', die durch eine Reihe von wohlbalancierten Mixturen und Harmonischen ergänzt werden.
Sogar eine (erst 1949 ergänzte) vergleichsweise milde 8'-Trompete steht zur Verfügung und ist mit den anderen Achtfüßen gut zu kombinieren. Mit Mixturen, Sesquialter und Nassat lässt sich eine kräftige, festliche und das Instrument in eine scheinbar größere Dimension transformierende Klangkrone aufbauen. Allein Gedackt und Nassat zusammen gezogen, ergeben eine Fülle von lebendigen Obertonkombinationen. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass auch bei der erweiterten Version nur der gleiche Pfeifenbestand, nämlich neun Ranks, für die Farbgebung zur Verfügung steht. Insgesamt merkt man die Handschrift eines erfahrenen Orgelbauers, der vergelichsweise wenige Mittel mit Sachverstand einzusetzen versteht. Das spricht für die Lehre bei Stellwagen.
Dirk Menzenbach hat nicht versucht, den natürlichen Tiefenabfall zu normalisieren. In gewissem Rahmen ist hier Kompensation möglich; sie stößt aber bald an ihre Grenzen, weil dann die Balance zwischen Grund- und Obertonanteilen nicht mehr stimmt. Kleinere Lautstärke-Ungleichmäßigkeiten innerhalb der Register dürften sich dagegen per Intonation ausbügeln lassen. Die aufgezeichnete Räumlichkeit macht sich gut bei der Wiedergabe in den eigenen Räumen.
Demo-Clips lassen sich auf den Menzenbachschen Webseiten von Buttforde und unter www.pcorgan.com abrufen. Sie geben Hinweise auf Werke, die sich für dieses Instrument eignet. Meist wird das hier Pedal durch den (ortsfremden) Subbass 16' ergänzt. Das Repertoire umfasst Werke von Bach. Pachelbel, Beethoven und Rheinberger, sollte aber vor manchmal überraschende Ergebnisse bringenden Exkursionen in ganz andere Bereiche nicht abschrecken.

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